Praxisfinanzierung – Darlehensarten

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Jan-Jonas Zimmer

Darlehensarten nach Tilgung

Annuitätendarlehen

Das Annuitätendarlehen ist wohl die bekannteste und die klassischste Form aller Darlehensarten.
Die jährliche Leistung für Zins und Tilgung (Annuität) bleibt über die Laufzeit gleich hoch. Diese konstante Jahresleistung wird als Prozentsatz des Ursprungsdarlehens ausgedrückt. Sie setzt sich aus Zinssatz und anfänglichem Tilgungssatz zusammen. Wegen der fortlaufenden Tilgung verringert sich die Restschuld sukzessive. Da die Zinsen nur von der Restschuld berechnet werden, sinkt der absolute Zinsanteil in der gleichbleibenden Annuität. Somit wird mit andauernder Laufzeit der Tilgungsanteil immer größer. 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich mit zunehmender Laufzeit des Darlehens die Struktur der Annuität verändert: der Tilgungsanteil wird größer – der Zinsanteil geringer.

Generell gilt: Je höher die Zinskondition ist, desto höher entwickeln sich im Lauf der Tilgungszeit die „ersparten“ Zinsen und desto schneller wird das Darlehen zurückgeführt. Der Tilgungssatz liegt üblicherweise bei 2% bis 3 % der Darlehenssumme.

Musterrechnung für Annuitätendarlehen über 150.000 EUR mit einem Sollzins von 4 % p. a. und einem Tilgungssatz von 2 % p. a. ⇒ Annuität 9.000 EUR (p.a.), konstant über die gesamte Laufzeit.

 

Endfälliges Darlehen

Das endfällige Darlehen ist ein am Ende der Laufzeit zu tilgendes, langfristiges Finanzierungsinstrument. Der große Unterschied zum Annuitätendarlehen besteht darin, dass Sie als Darlehensnehmer während der Laufzeit lediglich die Zinszahlungen erbringen. Der Darlehensgeber erhält keine laufenden Tilgungsleistungen. Während der tilgungsfreien Laufzeit spart der Darlehensnehmer Kapital zur späteren Tilgung an und zahlt am Ende der Darlehenslaufzeit den gesamten Betrag auf einmal zurück. Für diesen Sparprozess werden oft Rentenversicherungen, Fondssparpläne oder Bausparverträge verwendet.

Der Vorteil eines endfälligen Darlehens besteht darin, dass die monatlichen Zahlungen während der Laufzeit deutlich niedriger sind als bei einem herkömmlichen Darlehen mit gleichem Nennbetrag, da keine Tilgungsraten zu zahlen sind. Dies kann für Darlehensnehmer attraktiv sein, die während der Laufzeit des Darlehens eine geringere finanzielle Belastung wünschen oder die das Darlehen für eine Investition nutzen wollen, bei der sie erwarten, dass sich das investierte Geld während der Laufzeit rentiert.

Wie in der Tabelle ersichtlich ist, werden jährlich 6’750 EUR statt wie beim Annuitätendarlehen 9’000 EUR p.a. investiert. 

Die Zinsen sind bei endfälligen Darlehen i.d.R. höher als bei klassischen Annuitätendarlehen, da die Bank Ihnen länger Geld leiht, was ein höheres Risiko für die Bank ist und sich im Zins niederschlagen kann.

Die Schuldzinsen können steuerlich als Werbungskosten angesetzt werden. Der hierdurch erzielte Steuervorteil lässt das endfällige Darlehen noch interessanter werden, da die Zinsen über die gesamte Darlehenslaufzeit für das volle Darlehen anfallen.

Wenn wir die beiden Zinszahlungen vergleichen, fallen beim Annuitätendarlehen über die gesamte Laufzeit 97’600 EUR Zinsen an, beim endfälligen Darlehen sogar 202.519 EUR.

Diese Zinsen können Sie in beiden Darlehensformen in voller Höhe mit Ihrem persönlichen Steuersatz nun steuerlich geltend machen.

Angenommen Sie haben eine Abgabensatz in Höhe von 40%, so wären dies beim beispielhaften Annuitätendarlehen eine gesamt Netto-Zinsbelastung von 58.560 EUR über die gesamte Laufzeit. Beim endfälligen Darlehen wären dies mit 121’511 EUR Zinsen nach Steuern.

Parallel kann jedoch eine Geldanlage aufgebaut werden. Wenn Sie die 2% Tilgung des Annuitätendarlehens statt an die Bank zu zahlen, in eine Geldanlage investieren, haben Sie die Chance auf echten Vermögenszuwachs. Wie im Bild Geldanlage ersichtlich, bei angenommener 6% Wertentwicklung stehen Ihnen 256’651 EUR als Gegenleistung zur Verfügung. Hiervon ziehen Sie den Kaufpreis, im Rechenbeispiel 150’000 EUR ab, zudem die Differenz der mehr bezahlten netto Schuldzinsen. Was übrig bleibt, ist Ihr Gewinn und steht Ihnen nach Ablauf der Finanzierung zur freien Verfügung. 

Beim Annuitätendarlehen zahlen Sie weniger Zinsen. Beim endfälligen Darlehen gegen Tilgungsaussetzung haben Sie bei Ablauf des Sparprozess jedoch die Chance auf ein beachtliches Kapital. 

Stellen Sie sich vor, Sie hätten mtl. Lediglich 50 EUR mehr in Ihre Geldanlage investiert, also 300 EUR / mtl., statt 250 EUR / mtl. Wie im Rechenbeispiel. Dann hätten Sie bei angenommener Wertentwicklung von 6% p.a. sogar eine Ablaufleistung von 313’031 EUR vor Steuern. 

Tipp: Starten Sie in jungen Jahren bereits über kleine Sparraten Ihren Vermögensaufbau und nutzen Sie den gewaltigen Hebel des Zinseszinseffekts. 

Bei Einsatz von ETF- oder Fondssparplänen, Lebens- oder Rentenversicherungen kann eine endfällige Tilgung dann sinnvoll sein, wenn die Nettorendite des Tilgungsersatzprodukts nach Steuern höher als der Netto-Zinsaufwand der Finanzierung nach Steuern ist.

Wenn Sie nach Steuern beispielsweise 3% Zinsen zahlen, dann setzten Sie ein endfälliges Darlehen ein, wenn Sie daran glauben, dass Ihr Finanzprodukt mehr als 3% Netto-Zinsen abwirft. Dann betreiben Sie zusätzlichen Vermögensaufbau.

Beachten Sie zudem, dass ein endfälliges Darlehen sich lohnt, wenn Sie einen hohen Abgabesatz haben, Sie also “Gut-Verdiener” sind. Was Ärzte und Zahnärzte i.d.R. sind.

Bitte beachten  Sie, dass Gewinne in Deutschland versteuert werden müssen und dies hier keine steuerliche Beratung darstellt, sondern lediglich eine Musterberechnung um die Funktionsweisen der beiden Darlehensformen zu verdeutlichen.

 

Darlehen in gleichen Raten (Ratendarlehen)

Das Darlehen in gleichen Raten wird in gleich hoch bleibenden Tilgungsraten zurückgezahlt. Der Zinsanteil verringert sich somit nach jeder Tilgung. Die Ratenbelastung während der Darlehenslaufzeit wird immer geringer. Eine Darlehensform in gleichen Raten findet man teilweise bei Darlehen des Bundes oder der Länder. Bei der Finanzierung von Praxen ist ist diese Art zu finanzieren eher ungewöhnlich.

Stellen wir die Vorteile und Nachteile der beiden gängigen Darlehensformen gegenüber.

 

Annuität / Annuitätendarlehen

Bei Annuitätendarlehen bleiben die Raten aus Zins und Tilgung während der

Zinsfestschreibung konstant. Über die Laufzeit sinkt der in der Rate enthaltene Zinsanteil

und der Tilgungsanteil steigt.

+ Klare Kalkulationsgrundlage

+ Entschuldung beschleunigt sich mit Finanzierungsdauer

– bei Gewerbeimmobilien, wie Praxis, steuerliche Nachteile

– es wird kein zusätzlicher Vermögensaufbau betrieben


Endfällige Darlehen

Bei endfälligen Darlehen erfolgen nur Zinszahlungen und keine laufenden Darlehenstilgungen. Die Tilgung erfolgt zum Laufzeitende durch eine Geldanlage (Depot-Sparplan, Bausparer oder private Lebens- oder Rentenversicherung)

+ steuerliche Vorteile für Kapitalanleger

+ festgeschriebener Zins über die gesamte Laufzeit

– insgesamt höhere Zinsbelastung

– evtl. Tilgungslücke, wenn die Geldanlage nicht die abzulösende Summe erreicht


Sicherheiten

Wenn Sie für sich das passende Finanzierungskonzept ausgewählt haben, steht die Wahl einer passenden Bank an. Dies ist ein großer Schritt, denn die Bank wird ein Partner fürs Leben an Ihrer Seite. Die Bank sollte Kompetenz in Ihrem Bereich haben und Sie sollten, neben einem guten Angebot, ein gutes Gefühl haben.

Wenn die Bank Ihr Projekt begleitet lassen sich die Banken gerne folgende Punkte von Ihnen, als Sicherheit für die Bank, sollten Sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten, abtreten: 

  • Abtretung der Honoraransprüche gegenüber der KV/KZV
  • Abtretung Risikolebensversicherung.
  • Bei endfälliger Tilgung zusätzlich Tilgungsinstrument (z.B. Fondssparplan, kapitalbildende Rentenversicherung)
  • Abweichende Sicherheiten in Einzelfällen möglich (z.B. Grundschulden, Verpfändung von Guthaben oder Wertpapieren, Bürgschaften)

Dies ist gängige Praxis und braucht Sie nicht zu verunsichern. Nehmen Sie auch die Brille der anderen Seite ein, was würden Sie alles als Sicherheiten verlangen, wenn Sie als Kreditgeber Ihren Kunden einen erheblichen Geldbetrag von sechs- oder sogar siebenstelligen Summen zur Verfügung stellen würden?

Tipp: Prüfen Sie auch Gewerbefinanzierer, neben klassischen Banken. Dies könnte gerade bei kleineren Investitionsvolumen für Kammerberufe interessant sein.
Hintergrund:
Die Vergabe von Darlehen im Bereich kleiner Kreditbereich bis ca. 250.000 EUR (zum Beispiel für die Übernahme einer Praxis / Anteile, Praxisrenovationen etc.) sind für Kreditgeber, wie Banken, aufgrund des Bearbeitungsaufwands und niedriger Margen oft nicht rentabel. Deshalb können selbst Kunden mit guter Bonität Probleme bei der Kreditbewilligung bekommen oder sich den Versuchen der Kreditgeber gegenüberstehen, zusätzliche Finanzprodukte zu platzieren. Dies betrifft insbesondere Existenzgründer, die noch keine Geschäftshistorie haben, in der Regel über geringes Eigenkapital verfügen und kaum Sicherheiten vorweisen können.

Tipp: prüfen Sie die Möglichkeiten eines Forwarddarlehen, wenn Sie sich für ein Annuitätendarlehen entscheiden haben und die Laufzeit des Annuitätendarlehens ausläuft. Mit einem Forwarddarlehen können Sie sich den heutigen Zinssatz für die Zukunft sichern. Forwarddarlehen werden in der Regel bis zu einer Vorlaufzeit von 60 Monaten angeboten. Einfaches Beispiel: Wenn Ihre Zinsbindung in 2023 ausläuft, wäre es sehr vorteilhaft gewesen, sich die Zinsen aus 2021 für die Anschlussfinanzierung zu sichern. Dies wäre mit Kenntnis der Kreditzinsentwicklung der letzten Monate ein sehr guter Deal gewesen. Es wird sozusagen die Wette eingegangen, dass die Zinsen in der Zukunft steigen und schreibt sich den aktuellen Zinssatz für die Zukunft fort.  Beachten Sie den Aufschlag, den die Bank für das Forwarddarlehen verlangen kann. Dieser wird ermittelt aus den Monaten bis zur Umschuldung (auch als Vorlaufzeit bezeichnet) multipliziert mit dem Forwardaufschlag.


Fördermittel 

Bei all Ihren Vorhaben sollten Sie jederzeit die Möglichkeiten öffentlicher, subventionierter Fördermittel in Betracht ziehen. Gerade in Zeiten steigender Zinsen kann dies interessant sein. Prüfen Sie daher aktuelle Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) und regionaler Förderbanken, wie beispielsweise die L–Bank in Baden-Württemberg oder die Investitionsbank Berlin (IBB). Oft werden Existenzgründer gefördert, oder Themen rund um Digitalisierung oder Nachhaltigkeit bezuschusst. Vieles davon lässt sich auch in Ihrer Praxis umsetzen. 

PraxisPerfect kennt die Tipps und Tricks, um auch bei steigenden Finanzierungszinsen das Maximum für Sie herauszuholen. Vereinbaren Sie einen Termin mit unseren Finanzierungsexperten. Diese prüfen für Sie gerne die Fördermöglichkeiten für Ihr Praxis-Vorhaben und bespricht und berechnet mit Ihnen, welche Darlehensform für Sie die passende ist.

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